Anfänge des Hörspiels (Počátky rozhlasové hry, 1974)

Dokument o rozhlasových hrách let 1924 až 1933 a padesátiletém vývoji německé rozhlasové hry. Text a komentář Reinhard Döhl.

Premiéra SDR 14.4.1974 .

Text dokumentu:

Einspielung

Mary: (scharf akzentuiert) Jack! Jack, was ist denn geschehen?
Jack: Die Lampen sind ausgegangen.
Mary: Wo bist du?
Jack: Hier.
Mary: Wo? Ich kann dich nicht finden.
Jack: Hier! Ich halte die Hand hin.
Mary: Ich find‘ sie nicht.
Jack: Na, hier!
Mary: (zusammenfahrend) Was war das?
Jack: Was denn? Ich bin’s.

Autor

Mit dieser dramaturgischen List beginnt das erste nachweislich gesendete europäische Hörspiel, Hichard Hughes „Danger“, am 15. Januar 1924 in London ausgestrahlt. 50 Jahre Rundfunk – das sind also zugleich auch 50 Jahre Hörspielgeschichte, Geschichte immer wieder ansetzender, theoretisch verteidigter und in Frage gestellter Versuche, dem neuen Medium eigene Spielformen zu gewinnen. Es ist aber zugleich die Geschichte der Versuche, auf diese Spielmöglichkeiten Einfluß zu nehmen, sie den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Haltungen und Programmen nutzbar zu machen, sogar sie zu unterdrücken.

Innerhalb der zahlreichen, zum Teil recht engagierten und ambitionierten Sendungen zum 50-jährigen Jubiläum des Rundfunks hat die heutige Sendung eine bescheidene Aufgabe. Sie stellt so etwas wie eine mit verbindenden Worten versehene Anthologie der ersten zehn Jahre Hörspielgeschichte vor.

Sie will ihre Hörer zu einem akustischen Museumsbesuch einladen, zum Besuch eines Hörspielmuseums für die Jahre 1924 bis 1933. Die Zahl der ‚Ausstellungsstücke’, die sich Für diesen Zeitraum erhalten haben, ist nicht groß. Die ‚Ausstellungsstücke‘ sind überdies zum Teil in schlechtem Zustand, zum Teil nur als Rekonstruktion erhalten, beziehungsweise vorhanden – wobei unter Rekonstruktion vor allem Hörspielneuproduktionen unter den historischen Bedingungen gemeint sind.

Aufsehen erregende Hörspielinszenierungen der Süddeutschen Rundfunk A.G. Stuttgart (Welle 437) sind für diesen Zeitraum mit Ausnahme des als Tondokument nicht erhaltenen „Malmgren“ Walter Erich Schäfers nicht bekannt. „Malmgren“ wurde 1950/51 zusammen mit anderen Hörspielen in Gerhard Pragers Stuttgarter Sendereihe „Pioniere des Hörspiels“ neu inszeniert und damit, wie Heinz Schwitzke feststellt, „wahrscheinlich für immer dem Repertoire wiedergewonnen. Wir werden im Folgenden auch aus Inszenierungen dieser ersten größeren Hörspielretrospektive und -bestandsaufnahme nach 1945 zitieren.

Doch kehren wir noch einmal zu Richard Hughes „Danger“ und damit zu dem ersten nachweislich gesendeten europäischen Hörspiel zurück. Es ist auffallend, mit welcher Sicherheit Hughes gleich bei seinem ersten Versuch radiowirksame Elemente erkennt und einzusetzen weiß.

Die dramaturgische List des Lichtausfalls hat für lange Zeit sogar eine Art Vor-Urteil zur Folge gehabt: daß Hörspiele „Spiele“ seien, „in denen es dunkel“ werde. Aber noch etwas, und auf jeden Fall Wichtigeres, hat Hughes sofort genutzt, die im Hörspiel gegebene Übergangsmöglichkeit von Spiel zu Ernst, konkret: von gespielter Katastrophe zu echter Katastrophe.

Einspielung

Mary: Na, aber so’n kleines Grubenunglück mitzuerleben, ist doch ganz aufregend.
Jack: Sei froh, daß es vielleicht nur ein Kurzschluß ist.
Mary: Ja, denkst du, ich würd’s lustig finden, wenn wirklich etwas passiert wäre? Aber, wo’s plötzlich so dunkel ist. Da kann man sich allerlei vorstellen, etwa nicht? Mindestens stell‘ ich mir vor, wie dramatisch wir davon erzählen werden. Jack?
Jack: Was denn?
Mary: Weißt du, wie wir uns die Zeit vertreiben? Wir denken uns aus, wie’s im Ernstfall ist.
Jack: Wie meinst du das?
Mary: Na, wir tun, als wäre wirklich was passiert. Zum Beispiel, wir wären abgeschnitten und der Stollen wär zusammengestürzt und wir kämen nicht mehr heraus!
Jack: Du, mit sowas macht man keine Scherze.
Mary: Aber wieso denn nicht? Es besteht doch keine Gefahr, da können wir es uns doch wenigstens spannend vorstellen.
Mr. Bax: Ha, diese jungen Leute heutzutage! Nichts nehmen sie mehr ernst!
Mary: Ich hab‘ Aufregungen gern, wenn nichts weiter dahinter ist. Denkt euch, der Gang, durch den wir eben gekommen sind, ist eingestürzt und man kommt nicht mehr zu uns durch.
Jack: Allerliebst! Das muß ich sagen. Du bist wirklich ein Kindskopf!
Mary: (lacht)
Jack: Lebendig begraben! Schöne Bescherung! So weit hier vorn, da ist kaum Aussicht, daß sie uns finden können.
Mary: Ja, ewig im Berg begraben, 300 Meter tief! 300 Meter von allem Leben entfernt!
Jack: Schrecklich!
Mary: Hm, ich hab‘ solche Angst!
Jack: Wovor denn?
Mary: Weil der Stollen eingestürzt ist.
Jack: Aber der ist doch nicht eingestürzt! Wir tun doch nur so!
Mary: Ja. Wenn ich mir’s ausmale, kommt’s mir wie wirklich vor!
Jack: Aber zum Donnerwetter, dann mal es dir nicht aus!
Mary: Aber ich will ja, ich will mich ja fürchten! Halt nur immer meine Hand fest und rede weiter, als wenn’s so wäre.
Jack: Also wie du willst. Wir werden ersticken, verhungern oder beides, auf jeden Fall eng umschlungen!
Mary: Oh, Jack!
Jack: Und selbst der Tod soll uns nicht scheiden!
Mary: Hör auf, Jack, das ist zu schrecklich!
Jack: Alle Zeitungen werden Artikel über uns bringen!
Mary: Meinst du? Wenn man die wenigstens lesen könnte nach dem Tod.
Mr. Bax: Haha, das hat mancher gewollt, beim eigenen Begräbnis dabei sein.
Mary: Wahrhaftig, das ist ein Spaß! Das wär doch ein Jammer, wenn wir das versäumt hätten, diese Gruselgeschichte. Was wird bloß Papa sagen?
(Explosion)
Mary: Ah, Jack!!!
Jack: Mein Gott! – Mary?
Mary: Jack, Jack! Was war das?
Jack: Ruhe, um Gottes willen, Mary, laß mich doch los, du erwürgst mich ja! Mary, laß mich los!
(Explosion)

Autor

Überblickt man die folgenden fünf Jahre Hörspielgeschichte, ist festzustellen, daß dieses dichterisch ambitionierte, seine Wirkung aus sprachlichen Möglichkeiten und dramaturgischer List beziehende Hörspiel zunächst ein glücklicher Einzelfall blieb. Der Grund dürfte kaum darin zu suchen sein, daß „Danger“ weitgehend unbekannt geblieben ist, denn es wurde bereits 1925 in deutscher Sprache auch in Hamburg gesendet. Der Grund dürfte vielmehr in einem zunächst vorrangigen Interesse an den technischen Möglichkeiten des neuen Mediums liegen.

Das ließe sich unter anderem mit dem ersten – am 24.Oktober 1924 in Frankfurt am Main – nachweislich gesendeten und als Text erhaltenen Hörspiel belegen:

Einspielung

Märchentante: Es war einmal ein Rundfunkteilnehmer, der war mit allem zufrieden, was der Sender ihm bot – das ist lange, lange her. Eines Abends… (spricht immer weiter)
Sprecher: (setzt bei dem Wort ‚bot‘ ein; die Märchentante wird dabei leiser) Wir bringen Ihnen die amerikanische Produktennotierung vom (Datum), Numero 1 – 678 1/2 – Numero 2 (usw)
(Während Sprecher und Märchentante weiterreden, setzen Geige und Klavier mit einem Boston ein. Nach einiger Zeit kommt eine weibliche Stimme dazu, die den „Lenz“ von Hildach singt. – Zwischenrufe mengen sich ein: „Zeitvorbereitung! … Hackebeil! … Lesestunde! … Palastschuhhaus! … Briefkasten …“. Aus der Ferne kommt eine Trompete dazu und spielt das „Großmütterchen“.)
(Crescendo! Trommelwirbel!)
(Schluß mit unisono Krach und Paukenschlag)
(Lange Pause, dann beginnt das kratzende Geräusch wieder)
Der Leiter: (verstört) Ja – was – was war das?

Autor

Das war, wie schon gesagt, der Anfang des ersten, nachweislich gesendeten deutschen Hörspiels: „Zauberei auf dem Sender“ von Hans Flesch, in einer – gegenüber der Erstsendung vom 24. Oktober 1924 – mutmaßlich gemäßigten Neuinszenierung des Hessischen Rundfunks. Die Fabel des Hörspiels ist denkbar einfach. Ein Zauberer, dem ein Rundfunkauftritt verwehrt wird, bringt das ganze Rundfunkprogramm durcheinander, bis sich schließlich der Wille zur Ordnung gegen diese Unordnung durchsetzt.

Einspielung

Der Leiter: Aber letzten Endes wollen wir die Ordnung und Sie die Unordnung, und sicher ist die Ordnung das Richtige und die Unordnung das Falsche…

Autor

formuliert es nicht ganz unbedenklich der Sendeleiter, der zugleich der Autor Hans Flesch war. Mit einem solchen Inhalt entspricht dieses als „Rundfunkgroteske“ in einem doppelten Sinne ausgewiesene Hörspiel in etwa dem „Sendespiel“, das im April 1924 – allerdings vergeblich – durch ein erstes Preisausschreiben gesucht wurde, als „ein interessanter Versuch“

Zitat

..ob und wieweit sich für den Rundfunk schöpferische Möglichkeiten auf literarischem und darstellerischem Gebiet erschließen, ob und wieweit es möglich ist, das „Sendespiel“ zu schaffen. Ein Funkdrama im Sinne des Wortes wird kaum geboren werden können, weil die Gefahr des Kitsches und der Hintertreppenromantik viel zu groß ist, zum zweiten, weil eine dramatische Lösung zeitlich an den Rundfunkhörer zu große Ansprüche stellt. Mehr als 15 bis 20 Minuten darf ein derartiges Spiel nicht dauern, wenn es nicht ermüden soll. Diese Erkenntnis weist darauf hin, daß die Frage nicht auf dem Weg über das Drama, sondern auf dem des Lustspiels oder gar dem der Groteske, als Parallelerscheinung zum Trickfilm, gelöst werden kann.

Autor

Man könnte mit diesem Hinweis leicht und schnell über dieses erste erhaltene und nachweislich gesendete deutschsprachige Hörspiel hinweggehen. Aber man täte ihm dabei Unrecht. Wenn auch inhaltlich nicht ergiebig, ist Flesch’s „Zauberei auf dem Sender“ aus zwei anderen Gründen bemerkenswert. Wegen seines gleichsam tautologischen Medienbezugs, des
Sich-Selbst-Zitierens des Rundfunks mit seinem Gerangel um Sendezeiten und Programmplazierungen. Und zum zweiten wegen der Unbekümmertheit, mit der diese „Rundfunkgroteske“ die technischen Möglichkeiten durchspielt, mit den technischen Möglichkeiten eines Senders spielt.

Indem Flesch aber für „Zauberei auf dem Sender“ die technischen Möglichkeiten des Rundfunks als Spielmöglichkeiten nutzt, erweist er sich für das Hörspiel 1924 ähnlich weitsichtig, wie 1928 für eine spezifische Rundfunkmusik.

Zitat

Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage des musikalischen Rundfunk-Eigenkunstwerkes. Es besteht selbstverständlich die Möglichkeit, daß neben der Vermittlertätigkeit des Rundfunks auch ein eigener Kunstausdruck im musikalischen Sinne zustande kommt. Wir können uns heute noch keinen Begriff machen, wie diese noch ungeborene Schöpfung aussehen kann. Vielleicht ist der Ausdruck „Musik“ dafür gar nicht richtig. Vielleicht wird einmal aus der Eigenart der elektrischen Schwingungen, aus ihrem Umwandlungsprozeß in akustische Wellen etwas Neues geschaffen, das wohl mit Tönen, aber nichts mit Musik zu tun hat; ebenso wie wir davon überzeugt sind, daß das Hörspiel weder Theaterstück noch Epos, noch Lyrik sein wird. Es hat keinen Zweck, hier unsere Phantasie weiter spielen zu lassen; wir kommen damit nicht weiter. Aber das hilft uns weiter, wenn wir schöpferische Kräfte eng mit uns verbinden, wenn wir ihnen einen Anreiz geben, sich mit unserem Instrument zu befassen und zu versuchen, ihre Produktivität mit den seltsamen Möglichkeiten elektrischer Wellenumwandlung künstlerisch in Einklang zu bringen.

Autor

Und noch ein Drittes ist bei Flesch’s „Zauberei auf dem Sender“ bemerkenswert und verbindet diesen „Versuch einer Rundfunkgroteske“ mit weiteren Hörspielen und Hörspielversuchen des Jahres 1924 – der Versuch nämlich, „zunächst einmal die akustischen Illusionsmöglichkeiten“ zu „erproben“ und zu „demonstrieren“. Allerdings gehen die anderen Autoren hier erheblich weiter als Flesch. Rolf Gunold scheint dabei gar – wenn wir den Erinnerungen Alfred Brauns, eines weiteren Hörspielpioniers, folgen dürfen – die Grenzen eines gleichsam akustischen Takts überschritten zu haben, als er in „Bellinzona“ die „funkische Reportage“ des Grauens einer historischen Eisenbahnkatastrophe versuchte. Jedenfalls wurde „Bellinzona“ nicht gesendet, wofür es allerdings noch eine andere, ebenfalls durchaus plausible Erklärung Bettauers gibt. Danach war eine Sendung „Bellinzonas“ – das für die „Funktechnik“ eine ähnliche Rolle spiele wie die „Erstlinge des Naturalismus“ für die Bühne – danach war eine Sendung „Bellinzonas“ nicht zu bewältigen, weil sich die Sendestationen nicht „den Luxus zeitraubender Proben und kostspieliger technischer Apparaturen“ leisten konnten.

Dagegen wagten Pierre Cusy und Gabriel Germinet in „Maremoto“, Frankreichs erstem gesendeten Hörspiel, die Darstellung eines Schiffsuntergangs. Wie Flesch’s „Zauberei auf dem Sender“ beginnt auch „Maremoto“ – das wir in einer Neuinszenierung durch den Hessischen Rundfunk zitieren – mit der Ankündigung einer unverfänglichen, diesmal literarischen Programmnummer, der Lesung einer Novelle. Durch plötzliches Einblenden von Sturmgeräuschen, Knarren von Schiffsplanken, einem Gespräch zweier Matrosen über plötzlichen Lichtausfall, wird der Hörer zum scheinbar zufälligen Ohrenzeugen einer sich anbahnenden Katastrophe.

Einspielung

Sprecher: Hallo! Hallo! Hier ist Radio Paris! Hier ist Radio Paris!
Meine Damen und Herren, wir bringen eine Lesung der Novelle von Guy de Maupassant: „Die Ideen des Herrn Oberst“.
Vorleser: Meiner Treu, sagte Oberst Lapporte, ich bin alt. Ich habe die Gicht und meine Beine sind steif wie zwei Holzpfähle. Wenn aber eine Frau, eine hübsche Frau natürlich, heute von mir verlangte, ich sollte durch ein Nadelöhr kriechen, ich glaube, ich würde springen wie ein Zirkusclown. Das wird nicht anders werden, solang ich lebe. Es liegt mir im Blut. Ich bin nämlich ein unverbesserlicher Geck, so einer von der alten Schule. Beim Anblick einer Frau, da reiße…
(Stimme des Vorlesers weg; ins Vorlesen hinein Sturmgeräusche, Meergeräusche, das Knarren von Schiffsplanken u.ä.)
Stimme 1: Verdammt, jetzt ist das Licht ausgegangen. François, wo bist du? Ich kann dich nicht mehr sehen.
François: Hier bin ich. Ich suche immer noch mein Feuerzeug. (Geräusche des Sturmes) Ah, da ist es ja. Herrgott, was schaukelt dieser Kahn. Mein Lieber (Name unverständlich, R.D.), wie wir da rauskommen sollen, das weiß ich wirklich nicht. Warum ist denn bloß das Licht ausgegangen?
Stimme 1: Du hörst ja, wie alles zusammenkracht. Der Klabautermann will sie holen, diese verfluchte Schaluppe.

Autor

In der Tat schickt sich der Klabautermann an, dieses zu tun. Bei wenig Worten, aber mit viel Akustik sinkt das schließlich irreparabel leckgeschlagene Schiff so schnell, daß der Befehl: „Alle in die Boote“, daß das Zeichen: „Rette sich, wer kann“ – zu spät kommen.

Derart die mediumgebundene Suggestivkraft erprobend, befürchteten Autoren und Regisseur jedoch augenscheinlich, daß diese Suggestivkraft zu groß sein möge. Und manche Hörspiele der Folgezeit, Erich Ebermayers „Der Minister ist ermordet“ von 1926, eine von Orson Welles inszenierte Landung von Marsmenschen haben dies ja demonstriert. Gabriel Germinet und Pierre Cusy jedenfalls fallen mitten im totalen Schiffuntergang aus dem Spiel und dem Spiel mit dem Hörer.

Einspielung

Funker: Sinken in wenigen Minuten – Schickt Hilfe – Ich kriege kein Wort mehr raus – Ich kann nicht mehr – Keine Antwort – (Signal) Heißt das: rette sich, wer kann, das Signal da?
Stimme: Ja. Aus ist’s mit uns! Das Wasser! Sieh doch mal, das Wasser. (Text hier und im Folgenden nicht immer eindeutig verständlich). Da geht’s durch. Weg, bloß weg!
Funker: In die Rettungsboote!
Stimme: Haltet sie zurück! Zurücktreten!
Funker: Zu spät! Hier gehts nicht mehr durch!
(Hilferufe. Lautes Schreien vieler Stimmen – dahinein lautes anhaltendes Lachen)
Sprecher: Willst du wohl still sein, Ansagemädchen!
Ansagerin: Entschuldigen Sie, wissen Sie, ich konnte einfach nicht, nichts anderes, ich mußte lachen.
Sprecher: Ah, da ist ja auch der Chef. Na, wie sind die Geräusche, Herr Direktor?
Direktor: Ganz hübsch, ganz hübsch. Das Meer könnte ein bißchen stärker sein. Es kommt etwas leise.
Sprecher: (beiseite) Stellt doch bloß den Motor von der Windmaschine ab. Das ist ja unglaublich. (Normal) So was haben die Hörer gewiß noch nicht gesehen, ich meine natürlich gehört.

Autor

„Maremoto“ war von seinen Autoren infolge eines Preisausschreibens eingereicht worden, hatte zusammen mit einem zweiten Hörspiel, „Agonie“ von Paul Camille, den ersten Preis bekommen, war aber für die Produktion diesem zweiten Hörspiel als funkwirksamer, als radiogener vorgezogen worden. Dadurch ist das kurze Hörspiel Paul Camilles, für das bisher auch kein Sendetermin ermittelt werden konnte, in Vergessnheit geraten, obwohl es zusammen mit „Maremoto“ gedruckt wurde. Mit drei Druckseiten Umfang entspricht es dem anfänglichen Bemühen um kurze Hörspiele. Anders als die bisher genannten Hörspiele des Jahres 1924 verzichtet es aber auf die technische Apparatur, zieht es sich ganz auf den Monolog eines Sterbenden zurück, ist „Radio“ lediglich das mehrfach im Monolog genannte Kommunikationsmittel.

Zitat

(zunächst im Original) JE SUIS FOU? Non. Je suis seul et je meurs. Comprenez-vous? Mourir seul, c’est mourir deux fois. C’est voir disparaître le monde, autour de soi, et se perdre soi-meme, corps et âme. C’est tenter de se replier, au moment ou l’on doit, a jamais, s’abandonner. Tout m’échappe… (Langsam zurücknehmen und in Übersetzung fortfahren)
Die Zeit geht schneller als ich: ich zögere, bald werde ich stehenbleiben. Meine Hoffnung ist weit hinter mir: das ist eine erloschene Sonne. Mein Himmel ist mit Einsamkeit verkrustet. Aber ich will nicht allein sterben und habe mich an sie gewendet. Das Radio war die Freundin meiner Krankheitszeit; es wird meinen Todeskampf mildern. Auf seinen unsichtbaren Flügeln komme ich zu Ihnen, die ich Sie nicht kenne, die Sie mich nicht kennen, aber die Sie so gut fühlen, was ich bin. Wir sprechen die gleiche Luftsprache. Sie kommt von überall her und durchdringt alles, die Wesen und die Dinge. Sie beunruhigt eine Menge. Eine Menge, die nichts von sich weiß. Aber zwischen Ihnen werde ich ruhig vergehen; ich werde nicht allein sterben.

Autor

Die Funktion, die Aufgabe, die dem Radio hier zugewiesen wird, verrät deutlich die frühe Entstehungszeit dieses Hörspiels, seine Nachbarschaft zu „Zauberei auf dem Sender“, „Bellinzona“, „Maremoto“. Sein totaler Verzicht auf spielerischen Einsatz der technischen Apparatur, sein ausschließliches Beschränken und Vertrauen auf die Möglichkeiten der Sprache markieren aber zugleich den Abstand zu diesen Hörspielen. Als Monolog eines Sterbenden zeigt „Agonie“, daß man von Anfang an die Möglichkeiten des in der Literatur bereits erprobten „inneren Monologs“ und damit eine spezifische Möglichkeit eines gelegentlich sogenannten „Worthörspiels“ bereits erkannt hatte.

Paul Camilles „Agonie“ von 1924 und nicht Hermann Kessers in diesem Zusammenhang ständig genannte „Schwester Henriette“ von 1929 ist also das erste Beispiel für eine konsequente Verwendung des „inneren Monologs“ im Hörspiel. Kessers „Schwester Henriette“ zeigt im Vergleich allerdings, welche Möglichkeiten einem auf das Wort abstellenden Hörspiel fünf Jahre später gegeben waren. Wobei man nicht vergessen darf, daß es sich bei der „Schwester Henriette“ ebenso wie bei Kessers zweitem und wichtigerem Hörspielbeitrag „Straßenmann“ von 1930 um Hörspieladaptionen handelt, bei denen sich in jedem Fall ein Vergleich von Hörspiel und davor liegender Novellenfassung empfiehlt.

Dagegen war Paul Camilles „Agonie“ ausschließlich und von Anfang an für eine Realisation im Rundfunk gedacht ebenso wie Hermann Kasacks „Stimmen im Kampf“ von 1930, die in der Verschränkung zweier Monologstimmen, im Durch- und Gegeneinander-Ausspielen zweier innerer Monologe einen nur im Hörspiel möglichen, gleichsam funkischen Einsatz des inneren Monologs versuchen.

Einspielung

Beobachter: Spiel für Green. (Beifall) 5 zu 4 für Green im letzten Satz. Aufschlag Green.
Green: Ich brauche nur noch / Die letzten Minuten durchzuhalten / Fehler und dann habe ich das letzte Spiel gewonnen / Doppelfehler.
Beobachter: 0-15!
Red: Green macht Doppelfehler / kam gut / jetzt geht es um die Entscheidung / Jetzt kommt es auf jeden Punkt an.
Beobachter: 15 beide!
Green: Jetzt kommt es auf jedes Wort an / Die Entscheidung ist gefallen / Ich weiß / Daß mir niemand das von Lotte nehmen kann was ich / Liebe / Und das bleibt
Beobachter: 30-15! (Beifall)
Red: Nichts bleibt / Ich, Red, ein Junge von fünfundzwanzig Jahren denke gar nicht daran / Die Sache wichtiger zu nehmen als sie / Ist und noch einmal den Ball / Das spielt sich auch im Leben ganz mechanisch ab / Der Teufel soll mich holen wenn ich den Ball nicht / Kriege und wenn ich das Spiel auch verliere so bin ich / Noch lange nicht das fünfte Rad am Lebenswagen / Siehst du wohl
Beobachter: 30 beide!
Green: Immer pflegt das fünfte Rad am Wagen leer zu laufen / Und Sie lieber Werner / liefen leer bei der Geschichte (Grammophon spielt gleiche Platte wie vorher) Nein nein ich lasse mich nicht mehr / Von der Vergangenheit einfangen / Es ist eine andere Melodie, wenn sie / Auch ebenso klingt wie damals / Nichts ist / Nichts /
(Musikplatte aus)
Red: (aufblendend, singt) Evelyne / Fesche Biene / Wenn ich nachher / Zu dir komm…
Beobachter: 40-30!
Green: ich spiele wie auf Nadeln / Jetzt hab ich den Satzball in der Hand / Den Matchball in der Hand / Gleich komm ich zu dir, Lotte / Und alles wird sein / Wie es immer war / Du hast es mir schwer gemacht, Lotte / Hier durchzuhalten / Wie lange so ein Ball hin und hergeht / Aber es soll der letzte Ball sein..
Red: Es soll der letzte Ball noch nicht sein, Green / Aus der Luft nehmen / Sprung / Nochmal / Menschenskind nochmal / Ah..
Beobachter: Einstand (Beifall) 40 beide!

Autor

Was hier an Spielmöglichkeiten über die Monologverschränkung hinaus gewonnen ist, wird schnell einsichtig, wenn man bedenkt, daß ein Tennisspiel den Rhythmus des Gesprochenen zu bestimmen scheint, wo doch in Wirklichkeit das sprachlich-rhythmische Spiel, das rhythmisierte Spiel mit dem Sprechfluß, mit seinen Intervallen, Abbrüchen, Sprüngen das Tennisspiel recht eigentlich erst imaginiert.

Ein ähnlicher Bogen wie von Camille zu Kesser und Kasack läßt sich von Cusy/Germinet zu Friedrich Wolf, genauer zu Friedrich Wolfs „SOS… rao, rao… Foyn / ‚Krassin‘ rettet ‚Italia’“ schlagen. Rein äußerlich ist „SOS… rao, rao… Foyn“ das erste deutsche Hörspiel, das mit großem Erfolg auch in Frankreich aufgeführt wurde, und zwar in französischer Sprache in einer Inszenierung durch einen deutschen Regisseur. Die französische Presse reagierte ausgesprochen positiv. Man hielt die Inszenierung für „das Beste, was jemals vor einem französischen Mikrophon geboten wurde“. „Niemals bisher“ habe man „ein so funkgeeignetes Werk verzeichnen können“, „das die oft mißbrauchte Bezeichnung ‚Hörspiel‘ tatsächlich“ verdiene.

Wie schon bei Germinet/Cusy geht es auch in Wolfs Hörspiel um eine Katastrophe. Aber nicht eine fingierte, fiktive Katastrophe ist Wolfs Demonstrationsmittel für die technischen Möglichkeiten eines Senders, ihrer „akustischen Illusionsmöglichkeiten“. Wolf geht es vielmehr um eine echte Katastrophe, den Absturz des italienischen Luftschiffes „Italia“, die zahlreichen Rettungsversuche, bei denen die Technik, bei denen Funk und Radio ihre bedeutende Rolle gespielt haben. Wolf bringt damit die Technik ins Spiel, versucht, ihr die gebührende Rolle zuzuweisen.

Wolf hat dies in einer seinem gelegentlich recht featurehaften Hörspiel vorangestellten Bemerkung deutlich gemacht:

Zitat

Das folgende Spiel wurde geschrieben, weil der Stoff hierzu herausforderte. Die Tragödie des Luftschiffes „Italia“, die Hilferufe der neun Mann auf der Eisscholle durch den Funker Biagi in den Äther hinaus, das vergebliche Suchen sämtlicher großer Funkstationen, die Aufnahme des verstümmelten Hilferufes: „SOS… Rao, rao… Foyn“ durch den selbstgebastelten Kurzwellenapparat des Amateurfunkers Nikolai Schmidt in einem einsamen Dorf hoch im Norden der Murmanküste, hierauf die Funkverständigung der im Eis Eingekerkerten mit den Funkstationen der ganzen Welt, ihre Radiomeldung der täglichen geographischen Position der treibenden Eisscholle, die zahlreichen Vorstöße italienischer, norwegischer, französischer, russischer Flugzeuge, die vergebliche Ausfahrt des ersten russischen Eisbrechers „Malygin“ und der erfolgreiche schwierige Durchbruch des stärksten Eisbrechers „Krassin“, dirigiert von seinem Katapultflugzeug, der dreimotorigen Junkersmaschine des russischen Fliegers Tschuchnowski… das alles ist wohl das erste Heldenlied unserer Zeit, unserer Technik, unserer Solidarität. Nicht der Impuls eines Übermenschen, nicht das „Ethos“ eines Religions- oder Staatsgedankens hat dieses Rettungswerk ermöglicht, sondern die von der Technik beflügelte Solidarität der Völker. Sie schloß an diesem lebendigen Beispiel den Ring von dem einsamen Radiobastler an der Murmanküste bis zu der großen Funkstation in Rom, bis zum „Roten Zelt“ der Eisscholle und dem Flieger Tschuchnowski. Es ist eine Tatsache: Ohne einen Tag zu zögern, hat ein politisch völlig anders gerichtetes System dem gegnerischen System brüderlich geholfen. Und diese Hilfe wurde nur möglich durch das modernste Nachrichtenmittel: durch das Radio!

Autor:

Mit diesem Interesse an der Technik, an den technischen Möglichkeiten und Pionierleistungen ist Wolfs Hörspiel damals kein Einzelfall. Im gleichen Jahre stimmte zum Beispiel auch Bertolt Brecht mit seinem „Lindberghflug“ ein weiteres, gleichfalls ideologisch engagiertes Heldenlied auf die Technik an. Mit den „Musiken von Paul Hindemith und Kurt Weill“ schuf Brecht gleichzeitig so etwas wie eine erste konsequente Rundfunk-Kantate und damit eine spezifische Form des musikalischen Hörspiels, dessen Intentionen von der zeitgenössischen Kritik richtiger eingeschätzt wurden als von einer späteren Hörspielgeschichtsschreibung. Man verstand den „Lindberghflug“ als „einen Meilenstein in der Entwicklung des Rundfunks und seiner Kunstübung“ und Hans Roeseler (von der Deutschen Welle) schätzte ihn sogar als ein Modell künftiger Hörspiele ein.

Eine Berliner Inszenierung von 1930, also ein Jahr nach der Uraufführung und Ursendung ist – unter Leitung Hermann Scherchens – in mutmaßlich unvollständiger Form erhalten geblieben.

Einspielung

Ansager: Vorstellung des Fliegers
Die Lindberghs: mein name ist charles lindbergh / ich bin 25 jahre alt / mein großvater war schwede / ich bin amerikaner / meinen apparat habe ich selber ausgesucht / er fliegt 210 km in der stunde / sein name ist „geist von st. louis“ / die ryanflugzeugwerke in san diego haben ihn gebaut in 60 tagen ich war dabei / 60 tage und 60 tage habe ich in meinen karten meinen flug eingezeichnet.
ich fliege allein / statt eines mannes nehme ich mehr benzin mit / ich fliege allein in einem apparat ohne radio / ich fliege mit dem besten kompaß / drei tage habe ich gewartet auf das wetter / aber die berichte der wetterwarten / sind nicht gut und werden schlechter / nebel über den küsten und sturm über dem meer / aber jetzt warte ich nicht länger / jetzt steige ich auf ich wage es.

Autor

Auch Brecht ging es von Anfang an nicht um den Einzelfall, wie vielleicht diese Berliner Inszenierung vermuten läßt. Brecht ging es vielmehr ebenso wie Wolf um das – wie er es einmal genannt hat – Produktivmachen aktueller Ereignisse. Der Lindberghpart sollte chorisch gesprochen bzw. gesungen werden: er war Einübung in ein kollektives Selbstverständnis. Die Überquerung des Atlantik durch Charles Lindbergh hatte als Sieg einer vom Menschen verbesserten Technik über die Naturgewalten parabolische Bedeutung. Weniger „Beschreibung eines Atlantikfluges“, war Brechts „Radiolehrstück für Knaben und Mädchen“ „Dichtung für Übungszwecke“, und zugleich eine „bisher nicht erprobte Verwendungsart des Rundfunks“, was, einer speziellen Erörterung wert, hier jedoch nicht weiter ausgeführt werden soll.

Interessant sind die Änderungen, auf denen Brecht 1950, als sich der Süddeutsche Rundfunk mit der Absicht einer Neuinszenierung an ihn wandte, brieflich bestand:

Zitat

Sehr geehrte Herren,
Wenn Sie den Lindberghflug in einem historischen Überblick bringen wollen, muß ich Sie bitten, der Sendung einen Prolog voranzustellen und einige kleine Änderungen im Text selber vorzunehmen. Lindbergh hat bekanntlich zu den Nazis enge Beziehungen unterhalten; sein damaliger enthusiastischer Bericht über die Unbesiegbarkeit der Nazi-Luftwaffe hat in einer Reihe von Ländern lähmend gewirkt. Auch hat L. in den USA als Faschist eine dunkle Rolle gespielt. In meinem Hörspiel muß daher der Titel in „Der Ozeanflug“ umgeändert werden, man muß den Prolog sprechen und den Namen Lindbergh ausmerzen.

Autor

Der vor einer Sendung des „Ozeanflugs“ jetzt zu sprechende Prolog lautet:

Zitat

Hier hört ihr
Den Bericht über den ersten Ozeanflug
Im Mai 1927. Ein junger Mensch
Vollführte ihn. Er triumphierte
Über Sturm, Eis und gefräßige Wasser. Dennoch
Sei sein Name ausgemerzt, denn
Der sich zurechtfand über weglosen Wassern
Verlor sich im Sumpf unserer Städte, Sturm und Eis
Besiegte ihn nicht, aber der Mitmensch
Besiegte ihn. Ein Jahrzehnt
Ruhm und Reichtum und der Unselige
Zeigte den Hitlerschlächtern das Fliegen
Mit tödlichen Bombern. Darum
Sei sein Name ausgemerzt. Ihr aber
Seid gewarnt: nicht Mut noch Kenntnis
Von Motoren und Seekarten tragen den Asozialen
Ins Heldenlied.

Autor

Mit Brecht und Wolf sind zugleich zwei Autoren genannt, die den Typ eines parteilichen, eines sozialistischen Hörspiels im ausgesprochen pluralistischen Hörspielangebot der Weimarer Republik um 1930 vertreten. Mit ihnen zu nennen wären Johannes R. Becher, Ernst Ottwalt, Georg W. Pijet und Walter Benjamin. Auf sie, auf ihre Hörspiele bezieht sich immer wieder die Hörspielliteratur der DDR, wenn es um die Geschichte eines sozialistischen Hörspiels geht. Instruktiv ist die sehr unterschiedliche Einschätzung des Wolfschen „SOS… rao, rao… Foyn“ im Vergleich zu Walter Erich Schäfers „Malmgren“, einem Hörspiel zum gleichen Vorfall.

In „Reclams Hörspielführer“ ist zwar Walter Erich Schäfers „Malmgren“, nicht aber Wolfs „SOS… rao, rao… Foyn“ aufgenommen. H.-G. Funke hebt in seinem Buch über die „Literarische Form des deutschen Hörspiels in historischer Entwicklung“ Schäfers „Malmgren“ unter anderem deshalb hervor, weil Schäfer mit ihm „ein neues funkisches Prinzp“ entdeckt habe, den „den ganzen seelischen Innenbereich aufschließenden Innenmonolog“. Anders beharre Wolf auf einer „dem Alltagsleben eingegliederten aktualisierten Sprechweise“, einer „poetisch nicht verfeinerten Ausdrucksweise“. So vermöge zwar „das kollektive Ethos Wolfs den sicheren Einsatz der funkischen Mittel zu bewirken“, der Autor entferne sich aber „von einem auch gleichzeitig literarischen Formkönnen“.

Für Siegfried Hähnel auf der anderen Seite ist mit einer solchen Argumentation Wolfs Hörspiel „aus den historisch gesellschaftlichen Bezügen, aus dem Zusammenhang von Zweck und Funktion herausgelöst“. Und er kritisiert:

Zitat

Die entscheidende, wirklich historische Leistung Wolfs, die Umfunktionierung des Hörspiels, ja – für die Sendezeit – des Rundfunks im gesellschaftlich progressiven Sinne, daß Wolf es erreicht, daß erstmals im deutschen Rundfunk das „Ethos einer neuen proletarischen Gesellschaft verkündet“, und erstmals die Internationale von einem deutschen Sender ausgestrahlt wurde, das wird von Funke bewußt ignoriert.

Autor

Hier wäre allerdings anzumerken, daß spätere Drucke den Gesang der Internationale nicht vorschreiben, so daß in jedem Fall zu fragen wäre, wie weit er Manuskriptvorschrift Wolfs oder nur Zutat der Inszenierung war. Wir wählen im Folgenden den für die politischen Intentionen Wolfs bezeichnenden Beginn der 10. Sequenz. Der Arbeiterrat eines Eisenwalzwerkes bei Leningrad diskutiert die Frage, ob die russische Regierung den Eisbrecher „Malygin“ zur Rettung der italienischen Nobile-Expedition aussenden durfte.

Einspielung

Der Vorsitzende: Genossen, es ist für heute abend eine Diskussion gefordert über die Frage, ob unsere Regierung den Eisbrecher „Malygin“ zur Rettung der italienischen Nobile-Expedition aussenden durfte. Genosse Meskin hat den Einwand erhoben, die Sowjet-Union habe keinen Anlaß, Schiffsmaterial und Menschen zu opfern für ein Land, das die sozialistische Arbeiterbewegung aufs heftigste bekämpft.

Autor

Ganz anders versucht Walter Erich Schäfer sich bei seiner Behandlung des aktuellen Stoffes aus politischer Parteinahme herauszuhalten, indem er den schwedischen Forscher Malmgren zur Hauptfigur seines Hörspiels macht.

Dieser Malmgren, der bis zu seinem Tode und – da er sie zum Weitergehen zwingt – darüber hinaus zwei italienische Militärs durch das Polareis führt, wird von Schäfer zum eigentlichen Helden hochstilisiert. Das zeigt zugleich, wie sehr Schäfer von Anfang an den aktuellen Stoff literarisieren, „dichterisch vertiefen“ wollte. Ging es Wolf um das „erste Heldenlied unserer Zeit, unserer Technik“, geht es Schäfer um die Größe des sich überwindenden Menschen.

Zitat

Am 13. Juli mittags stirbt Finn Malmgren. Was sollen wir Ihnen jetzt noch berichten? Vielleicht, daß die sechs Männer beim roten Zelt gerettet wurden, als sie nicht mehr dachten, daß sie noch gerettet würden? Oder daß die sechs Menschen, die mit der Hülle des Luftschiffs verschwanden, bis heute verschwunden sind? Und daß sechs Männer verschwanden, die denen beim roten Zelt Hilfe bringen wollten? Von diesen Männern wußte keiner beim Abflug, daß er sterben werde. Vielleicht wußte es der große Amundsen, der mit dem französischen Flugzeug Latham von Bergen aufstieg, um einen Menschen zu retten, den er verachtete, und der ihn haßte. Und sicher wußte es der junge Finn Malmgren, daß er sterben müsse, als er über das Eis ging.
Und trotzdem ging Finn Malmgren ber das Eis.

Autor

Ein Hörspiel ganz anderer Art ist Eduard Reinachers ein Jahr später erstgesendetes, ebenfalls dichterisch ambitioniertes Hörspiel „Der Narr mit der Hacke“.

Mit Reinacher betritt kurz vor Günter Eich ein erster Lyriker die Hörspielbühne, ohne daß man beim „Narr mit der Hacke eigentlich von einem lyrischen Hörspiel sprechen könnte. In Parabelform erzählt das Stück die Geschichte eines Mörders, der als Büßermönch durch die Lande zieht, um schließlich im Zeitlauf einer Generation ein nur unter Lebensgefahr erreichbares Dorf durch das Schlagen eines Tunnels durch einen Granitberg gefahrlos zugänglich zu machen. Indem er derart durch eine gute Tat seine böse Tat sühnt, wird er für den Rächer, der ihn nach 30 Jahren endlich aufspürt, vorbildhaft. Auf dieses Hörspiel bezieht sich mehrfach Richard Kolb in seinem 1932 in Buchform erschienenen „Horoskop des Hörspiels“, der vierten, allerdings folgenreichsten Hörspieltheorie der damaligen Zeit.

Vom Rundfunkpraktiker formuliert, stellt sich Kolbs „Horoskop des Hörspiels“ neben beziehungsweise gegen Hermann Pongs Antrittvorlesung „Das Hörspiel“ an der Technischen Hochschule Stuttgart, neben beziehungsweise gegen Alfred Döblins Hörspielprospekt, formuliert in seiner Kasseler Rede „Dichtung und Rundfunk“, 1929, und schließlich neben beziehungsweise gegen Bertolt Brechts „Radiotheorie“ seit 1927.

Auf Kolbs Hörspielverständnis fußt wesentlich Heinz Schwitzke und damit die lange Jahre führende Hamburger Hörspieldramaturgie nach 1950. Wie Kolb gilt auch Schwitzke Reinachers „Narr mit der Hacke“ als „ein lyrisches Sprachwerk, bei dem alle Sichtbarkeit irrelevant ist“.

Was das erhaltene Tondokument darüber hinaus anhörenswert macht, ist die Inszenierung durch Ernst Hardt, den damaligen
Intendanten des Westdeutschen Rundfunks. Anläßlich einer Sendung des zufällig und glücklich wieder aufgefundenen
Plattensatzes wurde ihr ein „Höchstmaß an Musikalität und künstlerischer Geschlossenheit“ bescheinigt:

Zitat

Das permanente Schlagen der Hacke zum Beispiel, das das ganze Hörspiel leitmotivisch durchzieht und das gleichzeitig als geschickte Zeitbrücke eingesetzt ist, besteht aus einem in Ton und Rhythmus unveränderten Geräusch. Das rhythmisierte Lachen der Bauern und der Chor der Stimmen zeigt die Tendenz zu einer Distanzierung und Künstlichkeit, die signifikant für den Inszenierungsstil Ernst Hardts war. (Klaus Schöning)

Autor

Als Beispiel für diesen Inszenierungsstil kann ein Ausschnitt aus dem Anfang des Hörspiels dienen. Der Büßermönch entschließt sich, provoziert durch eine ironische Bemerkung eines Lastträgers, einen sicheren „Weg durch den Berg zu bohren“, und macht sich so zum „Narren mit der Hacke“. Den Dorfbewohnern erscheint sein Tun unsinnig und lächerlich.

Einspielung

(Musik)
(Hackenschlag)
Erzähler: Es wird Morgen. Die Nachbarn Icka und Samba kommen als erste aus ihren Häusern.
Samba: He, Nachbar Icka!
Icka: Samba?
Samba: Was ist denn bei Euch los?
Icka: Wieso?
Samba: Das Hörst Du doch selbst.
Icka: Ich? Ach so, da pocht so was. Aber bei uns ist das doch nicht. Wir pochen nie so. Wenn bei uns gepocht wird, dann pocht das ganz anders.
Samba: Da brate mir einer einen Storch. Ja wo kommt denn das dann sonst her?
Icka: Ach, sieh mal, dort drüben!
Samba: Wo drüben?
Icka: Da! Da steht doch sowas wie ein Männchen und hackt auf den Granitberg los. Da! Schupp schupp, schmeißt’s die Arme und pink pink pink pink tut es.
Samba: Weiß Gott, das ist aber komisch!
Icka: Wie so’n Äffchen!
(Lachen)
Erzähler: Jetzt kommt der Schulze Inoitchi dazu, und nach und nach finden sich andere Dorfbewohner ein.
(Lachen)
Schulze: Was lacht denn ihr zwei, als wenn ihr betrunken wärt? Ich, Inoitchi, als Schulze des Ortes sage, früher betrank man sich nicht am frühen Morgen.
(Lachen)
Samba: Man darf doch mal lachen!
(Lachen)
Icka: Deswegen ist man doch nicht gleich betrunken!
Schulze: Indessengleichen frage ich euch als Obrigkeit, warum ihr lacht.
Samba: Seht einmal da hinüber, meinem Finger nach, dann lacht ihr gleich alle zusammen mit.
(Lachen)
Schulze: Was ist denn das? Wie’n Rosskäfer, der sich mit ‚ner Riesenkröte hat.
Icka: Ping ping.
Ping ping.
(Rhythmisiertes Lachen)
(Hackenschlag)
Schulze: Ach, dieses ist ein Vorgang ohne Vorgang. Ich muß als Obrigkeit dortselbstgleichen hin. Bewaffnet euch und begleitet mich!
(Stimmen)
Schulze: Jetzt kommen auch noch die Weibsleut!
(Stimmengeschnatter)
Schulze: Schreit doch nicht alle durcheinander!
Frauen: Was gibts? Räuber? Aufruhr? Brand?
Samba: Unsinn, das ist die Expedition gegen den Rosskäfer.
(Gelächter. Stimmen)

Autor

Um 1931 schrieb Günter Eich „Ein Traum am Edsin-Gol“, ein Hörspiel, das nicht nur wegen seiner Thematik, wegen seiner dramaturgischen Handhabung des Traumes, seines Wechsels von realer zu irrealer, von irrealer zu realer Spielebene bereits deutlich das vorstellt, was man einen ‚typischen Eich‘ nennen könnte.

Lange Zeit galt irrtümlich als Datum der Ursendung das Jahr 1931 und als ihr Ort die Funkstunde Berlin. In Wirklichkeit war das Hörspiel damals zwar vom Mitteldeutschen Rundfunk, wie sich Eich erinnert, zur Sendung vorgesehen, wurde dann aber wie viele andere Hörspiele der Jahre 1932/33 doch nicht gesendet. So fand die Ursendung erst 1950 innerhalb der Stuttgarter Sendefolge „Pioniere des Hörspiels“ statt. Dieser verspäteten Erstsendung hatte Eich eine Vorbemerkung vorangestellt, aus der wir die Inhaltsangabe zitieren wollen:

Zitat

Der Edsin-gol ist ein Fluß in der Mongolei, ein Flußbett vielmehr in einer wüstenähnlichen Landschaft, das nur nach ergiebigen Regenfällen Wasser führt. Zwei junge Wissenschaftler sind in dieser Gegend für einige Jahre zur Beobachtung der Klima- und Wetterverhältnisse stationiert. Sie leben fernab von jeder Siedlung in einem Zelt, und ihre einzige Verbindung zur Außenwelt bildet ein Flugzeug, das ihnen alle paar Monate Lebensmittel, Post undsoweiter bringt. Sie sind für ein Zusammenleben denkbar ungeeignet.

Bernhard Godemann ist ein unkomplizierter Typ, der von keinen äußeren und inneren Schwierigkeiten bedrückt wird, ein Mensch, dem es, ohne daß er sich besonders anstrengen müßte, immer gut geht, weil er nach Herkunft und in seinem Charakter alle Anlagen zu Glück und Erfolg mitbringt. So jedenfalls sieht ihn Ludwig Krämer, sein Zeltgenosse, ein komplizierter, mit sich selbst unzufriedener Mensch, der seinen Kameraden um Glück und Erfolg beneidet, denn ihm bleibt beides versagt, soviel er sich auch anstrengen mag. Sein Mangel an Selbstvertrauen läßt ihn wohl im Leben der andern, nicht aber im eigenen, Wert und Inhalt sehen.

In den Monaten der Abgeschlossenheit und des Lebens in der Wüste konzentriert sich Ludwig Krämers Neid immer ausschließlicher auf seinen Kameraden. Eigentlich hat nicht dieser den Reichtum, den Erfolg, die Frau verdient sondern er selbst. Unfähig zum eigenen Leben, wird ihm das Leben Bernhard Godemanns immer erstrebenswerter, und in der Isolation des Auf-sich-selbst-angewiesen-seins reift in ihm der wirre Plan, den Kameraden zu beseitigen und sich seines Lebens und seines Glückes zu bemächtigen.

Autor

Interessant ist die formale Einschätzung dieses Hörspiels durch Eich:

Zitat

Das ganze Hörspiel ist im Grunde genommen ein Monolog des Ludwig Krämer – auch der Traum ist ja ein Selbstgespräch, mögen auch andere Stimmen hörbar sein.

Autor

Dies und die weiteren Angaben Eichs zur ihm gestellten formalen Aufgabe rücken dieses Hörspiel in die Reihe der Versuche mit dem „inneren Monolog“, zu denen schon Hermann Kasacks „Stimmen im Kampf“ gehörten. Auch Eich geht es um eine rundfunkgemäße Handhabung dieses Monologes.

Zitat

Die rundfunkmäßige Gestaltung dieses Monologes war die formale Aufgabe, die mir gestellt war – der Rundfunk hat hier Möglichkeiten, die dem Theater und dem Buch fehlen. Er hat insbesondere die Fähigkeit, Unwirkliches eindringlich darzustellen, sowie Gedanken und Träume unmittelbar wirksam werden zu lassen.

Autor

Wie schon Kasacks „Stimmen im Kampf“ überragt auch Eichs Hörspiel mit seiner komplexen Einschätzung und Handhabung des Monologes Hermann Kessers in diesem Zusammenhang immer wieder genannte Hörspieladaption „Schwester Henriette“.

Es ist zugleich ein weiterer Beleg dafür, wie intensiv um 1930 von den Hörspielautoren an solchen formalen Fragen, und damit an einer, wenn man so will, praktischen Hörspiel-Poetik gearbeitet wurde. Um wenigstens anzudeuten, was Eich hier mit seiner spezifischen Monologgestaltung intendierte, aber auch im Hinblick auf‘ das spätere Hörspielwerk Eichs wählen wir als instruktiven Ausschnitt jene Passagen des Hörspiels, in denen Ludwig Krämers Traum in den Albtraum umschlägt, der ihn nach Berlin führt, wo ihm .Bernhard Godemann als Taxifahrer, Zeitungsverkäufer, Kellner begegnet:

Einspielung

Ludwig: Schlaf, das sind deine Stimmen, ich erkenne dich. Ich träume, ich träume, aber ich will das alles auslöschen, Stimmen und Gestalten, ich will euch nicht, ich kenne euch nicht, ich werde euch wegwischen wie Schemen, ihr werdet nicht mehr da sein, wenn ich die Augen auftue, ich werde die Augen auftun und werde eine Hütte sehen, ich will die Augen – auftun – weg, Schlaf, weg, Traum – wo finde ich die Tür, wo kann ich fliehen, wo klinke ich die Tür auf in den Morgen –
(Er schlägt mit den Fäusten gegen eine Tür)
Auf! Auf! (Seine Stimme wird weinerlich)
Auf! Auf! (Er stöhnt)
Weglaufen! Weglaufen! Ganz schnell laufen! Die Erde ist klein und rollt unter meinen Füßen. Ural, Wolga, Moskau, Weichsel, Berlin. Berlin, Berlin –
(Der Lärm der Stadt überwächst seine Stimme)
Hallo, Taxi!
(Geräusch eines bremsenden Autos)
Das ist doch gar kein Auto, das ist doch ein Sarg!
Bernhard: Einsteigen, bitte!
Ludwig: Verdammte Stimme, ich kenne doch die Stimme!
Bernhard: Mein Name ist Godemann, Bernhard Godemann.
Ludwig: Sehr angenehm, ich heiße Ludwig Krämer. Hoffentlich war Ihr Tod nicht allzu schmerzhaft!
Bernhard: (als Zeitungsverkäufer) Die neuesten Abendzeitungenl Deutscher Forscher in der Wüste Gobi ermordet! Die neuesten Nachrichten! Mord und Totschlag in der Wüste Gobi!
Ludwig: Brüllen Sie doch nicht so! Was kostet die Zeitung?
Bernhard: Für dich gar nichts, du kriegst sie aus alter Freundschaft umsonst!
Ludwig: Eine alte Zeitung bietest du mir an! Danke! Ich nehme mir mehr! Ich nehme mir dein Leben, ich nehme mir dein Glück!
(Er tritt in ein Café ein; die Geräusche der Straße verschwinden. Musik)
Bernhard: (als Kellner) Was darf ich dem Herrn bringen?
Ludwig: Seien Sie still!
Bernhard: Kalbsniere in Vitriol gebacken? Burgunder mit Blausäure?
Ludwig: Still! Ich will die Musik Hören!
Bernhard: Das ist die mongolische Rhapsodie.
Maria: Zigarren, Zigaretten gefällig?
Ludwig: Lebt Ihr denn alle noch?
Maria: Zigarren, Zigaretten!

Autor

Man kann Günter Eich als Repräsentanten eines Hörspiels sehen, das mit den Epitheta literarisch, dichterisch in erster Annäherung charakterisiert werden kann,. für das nicht nur gefragt werden kann, wie sich das neue Medium Literatur verfügbar, sondern auch, wie sich Literatur. Das neue Medium verfügbar zu machen versucht. Es ist, auf eine Formel gebracht, die Frage nach dem wechselseitigen Verhältnis von „Dichtung und Rundfunk“, die 1929 auch auf einer Arbeitstagung in Kassel gestellt wurde, auf der sich Dichter und Rundfunkleiter gegenüber saßen. Der Süddeutsche Rundfunk hat in ausführlichen Zitaten aus den Reden und Gegenreden über diese Arbeitstagung der Preußischen Akademie der Künste und der Reichsrundfunkgesellschaft berichtet, so daß wir uns mit dem Hinweis auf diese beiden Sendungen begnügen können, mit Ausnahme des Referates von Alfred Döblin, in dem er gleichsam einen Prospekt des künftigen Hörspiels entwirft. „Der Rundfunk“, sagt es Döblin,

Zitat

… der Rundfunk hat sein Hörspiel, das bisher mit Ausnahmen fast ganz in den Händen von Dramaturgen liegt, durchaus mit Hilfe der wirklichen Literatur zu entwickeln, denn es ist Sprache und dichterische Phantasie dazu nötig.

Autor

Was Döblin im folgenden als Hörspiel prospektiert, ist eine Mischform, nicht zuletzt aus der Einsicht, daß im Rundfunk „jener alte Unterschied zwischen Epik und Dramatik“ aufhöre.

Zitat

Das sind Trennungen der Literatur, welche das Buch und das Theater kennen. Es ist mir sicher, daß nur auf eine ganz freie Weise, unter Benutzung lyrischer und epischer Elemente, ja auch essayistischer, in Zukunft wirkliche Hörspiele möglich werden, die sich zugleich die anderen Möglichkeiten des Rundfunks, Musik und Geä“usche, für ihre Zwecke nutzbar machen.

Autor

Dieses Hörspiel ist, sieht man von Ansätzen einmal ab, damals noch nicht verwirklicht worden. Vielleicht am nächsten kommt ihm 1930 ein Versuch Alfred Döblins und Max Bings, nach dem Roman „Berlin Alexanderplatz“ ein Hörspiel zu schreiben.

Dieses Hörspiel versucht bezeichnenderweise gar nicht erst, die Vielschichtigkeit, die Polyperspektive seiner Romanvorlage zu ersetzen, es schränkt sie vielmehr von vornherein konsequent auf „Die Geschichte von Franz Biberkopf“ ein. Diese allerdings bietet das Hörspiel in einem Wechsel der Perspektiven, der Stillagen unter „Benutzung epischer und lyrischer Elemente“ des Bibel- ebenso wie des Liedzitats. Der folgende Ausschnitt erzählt den Tod Miezes, der Freundin Franz Biberkopfs, bzw. die Ermordung Miezes durch den falschen Freund Reinhold, auf dessen Konto auch der Verlust des rechten Armes von Franz Biberkopf geht. Am Schluß des Einspielung wartet der ahnungslose Biberkopf – gesprochen von Heinrich George – verwirrt auf die ausbleibende Mieze:

Einspielung

Tod: Jegliches hat seine Zeit. Pflanzen und ausrotten, geboren werden und sterben, suchen und verlieren, zerreißen und zunähen. Jegliches seine Zeit.
(Musik)
Mieze: Läßt de mir los, du! Ick krieg keene Luft. Wat denkste denn von mir?
Reinhold: Nu sag mal, Mädel, du bist doch ‚n hübsches Stück. Wie kannste dir bloß so’n Kerl aussuchen wie’n Franz, mit eenem Arm? So’n hübschet Mädel! Kriegst doch zehn an jedem Finger!
Mieze: Ach, quatsch nich, Krause.
Reinhold: Ach, Liebe is blind auf beede Ojen! Dein Franz, weeste, wat der bei uns spielen will? Bei uns jetzt? ‚nen dicken Wilhelm. Da hast de dir ne feine Nummer erwischt!
Mieze: Ick will det nich hören! Ich denke, Se sind sein Freund?
Reinhold: Mensch. Mädel, mit so’n Kerl fängste dir so ‚n Schlapper mit een‘ Arm?
Mieze: Ick jeh los!
Reinhold: Renn dir nich mit’n Kopp an die Bäume!
(Schwer verständlich) Los … her!
Mieze: Laß mir los, du!
Reinhold: … (?), du haust mir?
Mieze: Laß mir los, ick jeh, du Strolch, du!
Reinhold: Wat bin ick?
Mieze: Strolch!
Reinhold: Erst kommst mit, läßt dir Auto fahren, willst mir aushorchen. Un dann sagste Strolch! Du, jetzt setzte dir her, Kröte, in die Kute!
Mieze: Laß mir los!
Reinhold: Setzte dir her! Bist ooch so eene wie dein Franz. Der wollte auch mal so, wie’s in seiner Birne steckt, nich mithelfen bei der Arbeit. Zu fein, zu anständig, was? Da ham wir den genommen, du, ick hier mit mein’m Arm und – raus außem Auto!
Mieze: Wat? Du?
Reinhold: Ja, ick! Jetzt weeste, wo er sein’n andern Arm hat.
Mieze: Mörder! Du bist ein Mörder!
Reinhold: Was, du schreist!?
Mieze: Ick will weg! Hilfe! Franz!
Chor:
Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
Hat Gwalt vom großen Gott
Heut wetzt er das Messer
Es schneidt schon viel besser
Bald wird er dreinschneiden
Wir müssens erleiden.
(Musik)
Tod: Jegliches hat seine Zeit. Pflanzen und ausrotten, zerreißen und zunähen, schweigen und reden, würgen und heilen. Jegliches hat seine Zeit.
Stimme: (männlich) Franz Biberkopf, du hörst nicht, was sie singen. Du gehst rum. Du bist vergnügt. Mieze hat dir helfen wollen. Es war nichts.
Biberkopf: (singt) Du bist das süßeste Mädel der Welt / Du bist die einzige, die mir gefällt.
Stimme: (weiblich) Ach, ich muß klagen, daß es so gekommen ist mit ihr. Ich bin eine einfache Frau, die diese Geschichte hört. Ich kann nicht glauben, daß es aus ist mit Mieze. Warum? Warum? Sie war die Tochter eines Straßenbahnschaffners aus Bernau. Sie waren drei Kinder zu Haus. Sie ging öfter alleine aus, zum Tanzen nach Berlin, Chausseestraße, zu Lessmann (?) und woanders. Und ein paarmal wurde es abends zu spät, da traute sie sich nicht zurück nach Hause und blieb. n Berlin. Sie hatte viele Bekannte und manchen Freund. Aber zuletzt blieb sie nur mit einem vereint, das war ein einarmiger starker Mann, den Mieze auf einen Blick lieb gewann, und ist ihm gut geblieben bis an das Ende. Was für ein Ende! Ein furchtbares Ende! Ich mag’s nicht glauben! Ist das das Leben? Sie wurde erschlagen, weil sie neben ihm stand. Zufällig neben ihm?
Stimme: (männlich) Und was wirst du tun, Franz?
Eva: Sitzt so im Dustern, Franze. Steck doch das Gas an!
Biberkopf: N’Abend, Eva. Die Mieze läßt mir sitzen, du. Is det möglich?
Eva: Die kommt schon wieder, Mensch. Wird dir doch nich wegloofen.
Biberkopf: Gräme mir aber, s’ist schon vier Tage. Und warum kommt se nich?
Eva: Vielleicht ne kleine Spritztour jemacht. Die hat so ihre Einfälle.
Biberkopf: Komisch is det. Komisch is det.

Autor

Etwa gleichzeitig mit Döblin bemüht sich auch Friedrich Bischoff von der Schlesischen Funkstunde um die Aufhebung des Gegensatzes von „Literatur und Rundfunk“. Er entwickelt dabei die Sendeform „Hörfolge“, deren Spielformen er 1931 zu einem „Hörspiel vom Hörspiel“ zusammenfaßt. Dieses „Hörspiel vom Hörspiel“ schlägt zum einen nachdrücklich eine Erweiterung des Hörspielbegriffs vor (ohne dabei dem Schirokauerschen Extrem zu verfallen). Zum anderen enthält es mit Friedrich Bischoffs, Franz Joseph Engels „Menschheitsdämmerung“ eine Hörfolge, die ein Thema anschlägt, das seit 1929 auch in Hörspielen in einem traditionell engen Sinne immer wieder und in zunehmender Häufigkeit aufgegriffen wird: den Weltkrieg.

Eines der ersten Hörspiele, das sich, fast noch unpolitisch, dieses Themas annimmt, Ernst Johannsens „Brigadevermittlung“, wurde mit nachweislich über 50 Sendungen bis heute in elf Staaten gleichzeitig so etwas wie ein erster internationaler Hörspielbestseller. „Brigadevermittlung“ erzählt – beispielhaft für die Sinnlosigkeit des Krieges – den Untergang einer Brigadevermittlung. Der Unterstand, in dem sich die Brigadevermittlung befindet, und auf den hin sich das Geschehen im Näherkommen der Front bewegt, wird über den Klappenschrank in den umfassenderen, allgemeinen Raum der Schlacht, des Krieges einbezogen.

Einspielung

Unteroffizier: Glück gehabt mit Sedan. Hast den käfer gehört (ahmt die weibliche Stimme nach) Vermittlung Sedan – Hallo –
Vermittlung Sedan.
Schneider: Ja, da hinten möcht ich sein. (Tüüü…) Brigade-Vermittlung.
Stimme 5: Regiment Wiesengrund.
Schneider: Besetzt.
Stimme 5: Trennen Sie für Ia-Gespräch Divison.
Schneider: Achtung Regiment – Ich trenne für Ia-Gespräch.
Stimme B: Hier Regiment, Gefreiter Nerz.
Stimme 5: Fernspruch für Beobachtung zwei, durch Melder zu übermitteln, schreiben Sie.
Stimme B: Jawohl.
Stimme 5: Liegt Trichterfeld – zwischen Bahndamm und Höhe achtzig unter feindlichem Granatfeuer? Rückmeldung dringend an Division.
Stimme B: Ich wiederhole: Liegt Trichterfeld zwischen Bahndamm und Höhe achtzig unter feindlichem Granatfeuer? Rückmeldung an Division dringend.
Stirmme 5: In Ordnung.
Schneider: Wird noch gesprochen? Trenne!
Unteroffizier: Wie ist es mit Straßmann, Schneider?
Schneider: Ich habe eben durchgeweckt, Unteroffizier, aber Behnke gibt keine Antwort, anscheinend hat er sich nicht mehr eingeschaltet. Wenn sie bei der Feldbahn Glück haben, ist Straßmann schnell bei der Division und beim Lazarett.
Unteroffizier: Der hat vier Kinder. Pech das. Hätte Madame Behnke sehen mögen, wie das Grünhorn herumgesprungen ist am
Straßenkreuz, als es Zunder gab.
(Tüüü…)
Schneider: Brigade-Vermittlung.
Stimme 6: Oberleutnant von Bergfeldt.
Stimme Oberleutnant: Hier von Bergfeldt.
Stimme Exzellenz: Hier Divisionskommandeur. Die Reserve muß in einer halben Stunde bei Ihnen Meldung machen, veranlassen Sie sichere Weiterführung.
Stimme Oberleutnant : Jawohl, Exzellenz.
Stimme Exzellenz: Wie gehts Ihrem Flieger-Bruder?
Stimme Oberleutnant: In der letzten Nacht gegen zwei Uhr gestorben, Exzellenz.
Stimme Exzellenz: Gestorben? Der nun auch. Mein Beileid. So fährt einer nach dem andern dahin. Und ohne Hoffnung.
Stimme Oberleutnant: Ja, ohne Hoffnung. Wir schaffen es nicht mehr, mit der März-Offensive verging unser Glaube an eine
Möglichkeit, Exzellenz.
Stimme Exzellenz: Aber was hilft das – sonst was Neues?
Stimme Oberleutnant: Nein, Exzellenz. Einige Gefangene sind nach hier unterwegs.
Stimme Exzellenz: Gut. Wiedersehen.
Stimme Oberleutnant: Wiedersehen, Exzellenz.

Autor:

Hält Johannsens „Brigadevermittlung“ noch dem internationalen Vergleich, etwa mit dem englischen Theatererfolg „Journey’s
End“ von Robert Cedric Sheriff, stand, braucht sie diesen Vergleich nicht zu scheuen, so melden sich in den „Kriegs-Hörspielen“ nach 1930 immer mehr Autoren eines völkisch nationalen Lagers zu Wort, erfolgt die Aufbereitung des Krieges immer eindeutiger im Sinne eines nationalsozialistischen Feind- und Geschichtsbildes. Die Politisierung auch des Hörspielprogramms, die sich mit Brechts „Lindberghflug“, vor allem mit Wolfs „SOS… Rao, rao…Foyn“ unüberhörbar angekündigt hatte, war nun auf der anderen und von der anderen Seite in vollem Gange.

Eberhard Wolfgang Moellers „Douaumont“, oder Hans Ehrkes „Bataillon 18″ formulieren 1932 vor, was Euringers „Deutsche Passion 1933″ festschrieb: Eine Neuinterpretation des Weltkrieges und der Weimarer Republik. Dieser Neuinterpretation kam die Entwicklung des Hörspiels um 1930 in manchem entgegen.

So lieferte die von Friedrich Bischoff entwickelte und erprobte „Hörfolge“ dem nationalsozialistischen Rundfunk eine Sendeform, bei der man nur „sacherfüllt“ durch „erlebnisgeladen“ ersetzen mußte. Auch Friedrich Bischoffs Entdeckung des Volksstückes zur „Wirksammachung von Zeitproblemen“, die „nicht nur für literarisch Vorgebildete, sondern für die Gesamtheit der Hörer durchsichtig“ werden sollten, auch sie ließ sich in dem Moment nutzen, in dem man „Volk“ idelogisierte

Zitat

Die tiefsten Hörspielwirkungen gehen immer wieder von Werken aus, die man ihrer ganzen Form und ihrem Inhalt nach als Volksstücke bezeichnen muß. Darum ist es zu begrüßen, wenn Hörspieldichter immer wieder zum Volksstück zurückkehren unter der Voraussetzung, daß sie stark genug sind, dieses ehrwürdige Gefäß mit dem Inhalt unserer Zeit zu füllen.“ (Fred Angermeyer, 1934).

Autor

Und noch in einem dritten Falle griff der nationalsozialistische Rundfunk bedenken- und skrupellos zu: bei Hörspielen nämlich, deren Thematik brauchbar, deren Formulierung darüber hinaus derart unparteilich waren, dass sich das Hörspiel im Nachhinein eindeutig ideologisieren ließ. Das vielleicht denkwürdigste Beispiel und zugleich das letzte Hörbeispiel unserer Sendung ist hier Hermann Kasacks „Der Ruf“, ein Zeithörspiel, das wie viele andere Hörspiele dieses Typs damals das Thema der Arbeitslosigkeit behandelte, beispielhaft die Geschichte des Arbeitslosen Martin Keller erzählte.

Dieses 1932 erstgesendete Hörspiel wurde 1933 noch einmal in einer Bearbeitung durch Ottoheinz Jahn gesendet, gegen die Kasack aufs schärfste, aber vergeblich protestierte. Dennoch bleibt festzuhalten, daß die Argumentation des Hörspiels den Eingriffen Jahns entgegenkam. Um dies zu zeigen, haben wir einen Ausschnitt gegen Schluß des Hörspiels gewählt. Der arbeitslose, gescheiterte und völlig verzweifelte Martin Keller erkennt und erläutert am Beispiel der Natur den Sinn des Lebens:

Einspielung

Martin: Guten Tag, Kamerad. Wo kommst du her?
Arbeiter: Von der Arbeit.
Martin: Du hast Arbeit?
Arbeiter: Du nicht?
Martin: Nein!
Arbeiter: Du brauchst mich deshalb nicht gleich so giftig anzusehen. Wir geben doch einen Teil unseres Lohnes für euch. Leicht ist das auch nicht.
Martin: Und doch nicht genug.
Arbeiter: Nicht genug? Wir können doch nicht noch mehr von unserm Arbeitseinkommen opfern.
Martin: So mein ichs auch nicht. Ihr gebt uns innerlich nicht genug. Komm, setz dich mal zu mir ins Gras. Sieh mal, so ein
Samenkorn, klein und unscheinbar, es liegt auf dem Boden in der Erde, verschüttet. Es fällt einem gar nicht auf. Und auf einmal beginnt es zu keimen, hat es seine Kapsel gesprengt, von einem unaufhaltsamen Willen getrieben, durchbricht es den Boden. So schwach es uns scheint, sein Wille entscheidet. Es überwindet alle Widerstände, wird Pflanze, Halm, Baum.
Arbeiter: Was willst du damit sagen?
Martin: Ist es nicht wunderbar zu wissen, welche Kraft in so einem winzigen Samenkorn steckt?
Arbeiter: Ja, in der Natur. Aber der Mensch…
Martin: …der Mensch ist ein Teil der Natur. Wenn uns alle, dich ebenso wie mich, der Wille beseelte, ein gleicher elementarer Wille, wie er im Samenkorn liegt, dann würden wir aus uns selbst heraus die Kraft haben, alle Widerstände zu brechen und die alte Form zu sprengen, so wie das Samenkorn seine Form sprengt , damit es aufgeht.
Arbeiter: Haben wir, die wir Arbeit haben, denn diesen Willen nicht?
Martin: Ihr müßt ihn mit uns zusammen haben.
Arbeiter: Wird nicht jeder nur an sich denken, an seinen Vorteil.
Martin: Das ist es ja gerade, daß jeder immer nur an sich und an seinen Vorteil denkt, und niemals an das Ganze, an die Gemeinschaft.
Arbeiter: Und wird sich das nie ändern?
Martin: Nur wenn wir uns ändern. In jedem von uns fängt es an. Wer wollte den Millionen Samenkörnern verbieten, zu keimen und aufzubrechen? Niemand könnte es. Sie haben den Willen zum Dasein in sich, deshalb kommen sie zum Dasein. Wir haben den Willen zur Arbeit in uns, deshalb kommen wir zur Arbeit.
Arbeiter: Wille läßt sich nicht befehlen.
Martin: Er wird kommen. Und er wird durch Deutschland marschieren. Der Wille wird an die Tore der stillgelegten Fabriken und
Betriebe pochen: Ich bin der Ruf. Wer hört den Ruf?
Stimme: Ich höre dich.
Stimmen: Wir, Arbeitslose, wir, die Arbeitenden, Handwerker, Angestellten, Arbeiter in Fabrik und Verkehr, alle Hören dich. Wir sind ein Schicksal. Wir sind ein Wille. (Aufkommende Marschtritte) Durch Gemeinschaft zur Arbeit!
(Musik. Marschtritte. Gesang)
Sprechchor: Wir wollen Arbeit.
Reporter: Es kommen die Arbeiter und Angestellten, die Arbeit haben. Jetzt kommen die Arbeitslosen. Martin Keller, der unbekannte Arbeitslose, hat es an Leib und Seele erfahren: auf den Willen kommt es an.
Stimme: Die Gemeinsqhaft marschiert zur Arbeit.
Stimme: Wir wollen nicht betteln, wir wollen arbeiten!
Stimme: Wir stampfen Arbeit aus dem Boden!
Stimme: Wir schlagen an die geschlossenen Fabriktore.
(Musik weg. Nur noch:)
Sprechchöre: Wir wollen Arbeit. Wir wollen Arbeit. Wir wollen Arbeit (…).

Autor

Schon beim ersten Abhören wird deutlich, wie sehr die Argumentation Martin Kellers dem „Gedankengut“ der Nationalsozialisten entgegenkam Und der Schluß bedurfte eigentlich nur noch der Erweiterung um das Horst-Wessel-Lied und ein paar passender Hitlerworte, um zum Marsch aus der „Schande von Versailles“, aus dem „Sumpf der Systemzeit“ in die „Freiheit des Dritten Reiches“ umstilisiert zu werden.

Greift man speziell Formulierungen heraus wie:

Zitat

Wille läßt sich nicht befehlen.
Er wird kommen. Und er wird durch Deutschland marschieren.

Autor

Oder…

Zitat

Wir sind ein Wille!

Autor

dann hört sich die berühmte Reportage Wulf Bleys zum Fackelzug in Berlin am 30. Januar 1933 fast wie eine fortgesetzte Reportage über den gemeinsamen Marsch der Arbeitslosen an:

Zitat

Wulf Bley: Wir sind noch einmal wiedergekommen. Stundenlang hat der Vorbeimarsch gedauert. Er dauert noch immer an; jetzt erst fängt der Stahlhelm an, vorbeizumarschieren. Immer höher und höher ist der Jubel dieser Hunderttausende geschwollen, die hier vorbeigezogen sind, zusammengesetzt aus allen Gruppen, die jetzt zu einer einzigen Willenseinheit zusammengeschmolzen sind.

Autor

Mit diesem andeutungsweisen Zitat aus einem Hörbericht stellt sich zugleich eine spezifische Form der „erlebnisgeladenen Hörfolge“ vor, wie sie im nationalsozialistischen Rundfunk besonders gepflegt wurde mit der Absicht, den Hörer in stärkerem Maße zu ‚aktivieren’. Der Nationalsozialismus schickte sich an, sich in derartigen Hörbildern zu allen möglichen Anlässen gleichsam selbst zu inszenieren. „Es ist durchaus kein Zufall“, zieht 1934 ein Aufsatz über „Rundfunk, Thingplatz, Festgestaltung“ in „Rufer und Hörer“ ein erstes Resumee:

Zitat

Es ist durchaus kein Zufall, wenn die Spitzenleistungen des neuen Rundfunks die Tage waren, an denen die Massen der Hörerschaft zu einer Erlebnisgemeinschaft zusammenschmolzen.

Autor

Und dem hatte auch das Hörspiel jetzt Rechnung zu tragen.

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