Böhmen am Meer (Čechy u moře, 1988)
Hans Magnus Enzensberger. Původní rozhlasová sci-fi hra. Hudba Stan Regal. Režie Klaus Mehrländer.
Účinkují Christian Brückner, Thomas Wenske, Brigitte Grothum, Otto Sander, Christian Rode, Regina Lemnitz,
Lothar Blumhagen, Joachim Kerzel, Klaus Mehrländer, Arnold Marquis, Friedhelm Ptok, Gerd Duwner,
Friederike Tiefenbacher, Tilly Lauenstein, Peter Schlesinger, Manfred Lehmann, Inken Sommer,
Karin Buchholz, Ulrich Hass.
Nastudoval WDR/SWF/NDR v roce 1988 (58 min.).
Pozn.: Eine satirische Vision Enzensbergerscher Phantasie. Das Stück stellt sich als die Simulation einer originalen Radiosendung aus dem Jahr 2006 dar. In einer Mischung von Moderation, Reportage, Nachrichten und Werbespots entwirft Enzensberger ein Zukunftsbild Europas nach Science-Fiction-Muster. Timothy Tayler, ein amerikanischer Rundfunk-Korrespondent des einzigen noch verbliebenen Wort-Senders der USA (alle anderen bringen nur noch Musik-Konserven), reist durch das Europa des beginnenden 21. Jahrhunderts. „Die Kleinstaaterei ist die wahre Heimat aller Deutschen. Übrigens gilt das nicht nur für Deutschland. Im Grunde handelt es sich um ein europäisches Phänomen.“ Die sentimentalsatirische Reise führt den amerikanischen Reporter nach Ramstein/Pfalz, ehemals der größte militärische Stützpunkt der USA auf dem Kontinent.
Im September 2006 bietet die Stadt den Anblick einer Geisterlandschaft. Und sie führt nach Bonn, wo der amerikanische Botschafter sich über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Europa ausläßt. Und sie führt nach Den Haag, wo auf einer kuriosen Auktion zu unvorstellbaren Preisen die letzten Bordeaux-Weine der Menschheitsgeschichte versteigert werden – im Jahre 1996 hatte der Giganto-Reaktor die Gegend verseucht und unbewohnbar gemacht. Weiter nach Berlin, wo Ost und West in umweltschützerischen Belangen friedlich zusammenarbeiten, wo jedoch gerade ein heftiger Streit ausgebrochen ist quer durch die alten politischen Formationen zwischen Umwelt- und Museumsschützern: soll man die Mauer als Kulturdenkmal konservieren oder sie lieber abräumen, um der lokalen Fauna ihr einmalig unberührtes Biotop vom modernen Museumstrubel freizuhalten. Weitere Stationen sind Finnland, Bukarest und Prag. Dort gibt es die sogenannten Schwärmer, die weiße Kittel tragen und summend durch die Straßen ziehen. Nach einer Taxifahrt durch Prag, gibt der Chauffeur Timothy Taylor ein Gedicht von Ingeborg Bachmann mit: „Böhmen am Meer“. Der amerikanische Reporter, froh dieses Europa endlich wieder verlassen zu können, macht sich auf den Weg nach New York ins Studio von WNCQ, um seinen Bericht abzuschließen.
Ein Hörspiel aus dem Jahr 2006
Böhmen am Meer (Bohemia. A desert country near the sea ist ein fiktiver Handlungsort in Shakespeares Komödie Ein Wintermärchen.
Die Wirkungsgeschichte dieser poetischen Ortsangabe hat vor allem damit zu tun, dass es sich um ein Adynaton handelt: Das historische Land Böhmen ist ja gerade durch seine europäische Binnenlage gekennzeichnet und von Ostsee, Adria und Schwarzem Meer jeweils durch Hunderte Kilometer und mehrere Landesgrenzen getrennt. Historiker haben aber darauf hingewiesen, dass der Machtbereich mehrerer Könige von Böhmen sich in kurzen historischen Momenten bis auf wenige Dutzend Kilometer Meeresküsten genähert hat: Unter Karl IV. durch den Erwerb der Mark Brandenburg der pommerschen Ostseeküste und unter Ottokar II. Přemysl, der auch die Krain besaß, der triestinischen oder slowenischen Adriaküste.
In der deutschen Literatur wird Böhmen am Meer gerne als Projektionsfläche eines utopischen Idealzustandes verwendet. Bekannte Beispiele sind das Gedicht Böhmen liegt am Meer von Ingeborg Bachmann und der Essay Böhmen am Meer, den Hans Magnus Enzensberger in seinem Sammelband Ach Europa! veröffentlicht hat. Franz Fühmann entnimmt der shakespearschen Komödie verschiedene Motive für seine frühe Erzählung Böhmen am Meer, in der er Sudetendeutsche darstellt, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus Böhmen nach Deutschland vertrieben und an der Ostsee (am Meer) angesiedelt worden waren. Fühmann, der selber aus Böhmen stammt, bejaht in der Erzählung die Umsiedlung uneingeschränkt.
Von Anselm Kiefer gibt es ein Gemälde von 1995, das den Titel „Böhmen liegt am Meer“ trägt. Es ist in der Sammlung Burda in Baden-Baden zu sehen. Ein gleichnamiges Gemälde von 1996 befindet sich im Metropolitan Museum.
Die Formulierung wird gelegentlich auch als Motto für Ausstellungen, Kolloquien und andere kulturelle Veranstaltungen benutzt, wenn sie eine wie auch immer geartete europäische Fragestellung haben.
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